Dienstag, 16. Oktober 2018

Prostitution, Sexarbeit - alles Zwangsprostitution?


Prostitution, Sexarbeit -

alles Zwangsprostitution?


Sexarbeit und Prostitution – zwei Begriffe für dieselbe Tätigkeit?

Sexarbeit und Prostitution sind in der Tat grundsätzlich eigentlich ein und dasselbe.


Prostitution ist der klassische Begriff. Er kommt vom lateinischen Wort „prostituere“ - nach vorn/zur Schau stellen, preisgeben, was bedeutet - die Vornahme sexueller Handlungen gegen Entgelt.


Warum nun noch ein weiterer Begriff – Sexarbeit?

Sexarbeit ist der politisch-korrekte Begriff der Prostitution. Er impliziert die wichtige Aussage, dass Sexarbeit tatsächlich Arbeit ist.


Wikipedia erklärt hierzu folgendes:
"Der Begriff „Sexarbeiter“ (original: „sex worker“) wurde 1978 von Carol Leigh im aktivistischen Sinn geprägt. Leigh verstand sich dabei durch und durch als Feministin. Der Begriff sollte die mit der Prostitution und ähnlichen Dienstleistungen im Bereich der Sexualität verbundenen negativen Konnotationen abbauen und diese Tätigkeiten in eine Reihe mit anderen Dienstleistungsbereichen stellen. Im Kontext der USA, wo der Begriff entwickelt wurde, ging es vor allem darum Prostitution und Prostituierte zu entkriminalisieren. Prostitution sei keine Straftat, sondern eine Form der Erwerbstätigkeit.
Zum Bereich der Sexarbeit zählen bezahlte Tätigkeiten in der sogenannten Sexindustrie, insbesondere als Prostituierte, aber auch als Domina, Pornodarsteller oder Peepshowdarsteller.
Wichtig ist dabei, dass der Begriff Sexarbeit „eine konsensuelle sexuelle oder sexualisierte Dienstleistung zwischen volljährigen Geschäftspartner_innen gegen Entgelt oder andere materielle Güter bezeichnet und nicht-einvernehmlichen Sex bzw. Sex mit Minderjährigen aus der Definition ausschließt."

"Die Schweizer Sozialarbeiterin Eva Büschi beklagt, die juristische Definition von Prostitution präzisiere nicht ausreichend, dass es dabei um eine Erwerbsarbeit gehe.
In der Schweiz (mittlerweile nicht nur dort, auch etwa in Deutschland und anderen Ländern) hat der Begriff Eingang in die Legislative gefunden, wenn politischerseits gefordert wird, dass Sexarbeit legal und unter guten Rahmenbedingungen für alle Beteiligten ausgeübt werden, Ausbeutungssituationen weitestmöglich verhindert werden sollen.
Bei der Verwendung des Begriffes Sexarbeit statt Prostitution wird auf die Argumentation von Büschi Bezug genommen. Insbesondere soll die Einklagbarkeit von Forderungen aus sexueller Arbeit besser geregelt werden, die bei einer Auffassung der Vereinbarungen als „sittenwidrig“ nicht eindeutig genug geregelt sei."

Hinzuzufügen wäre noch, dass aus der Bewegung der Sexarbeitenden selbst mittlerweile oft der Hinweis kommt, dass der Begriff Sexarbeit noch etwas breiter definiert wird. Demnach werden zur Sexarbeit auch Tätigkeitsbereiche hinzugefügt, die oft in der "klassischen" Prostitution nicht genannt werden, wie etwa Telefonsex und die Pornodarstellung. Wenn es also einen Unterschied zwischen Prostitution und Sexarbeit gibt, dann der, dass der Begriff Sexarbeit weniger eng definiert wird und somit jede Form sexueller Dienstleistung beinhaltet, egal ob es bei der Ausführung der Leistung einen direkten physischen Kontakt zum Kunden gibt.


Zwangsprostitution:

Wenn wir uns hier schon näher mit den Begrifflichkeiten befassen, sollten wir vielleicht auch nochmal einen dritten wichtigen Begriff betrachten – die sogenannte Zwangsprostitution.
Wikipedia definiert Zwangsprostitution als die "illegale Praxis, Menschen zur Arbeit als Prostituierte zu zwingen. Davon betroffen sind überwiegend Frauen und Kinder.
Zwangsprostitution tritt in der Regel im Zusammenhang mit Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung auf. Der Zwang kann durch physische und psychische Gewalt, Täuschung, Erpressung, Ausnutzung einer Zwangslage oder Ausnutzung der Hilflosigkeit des Opfers ausgeübt werden.
Zwangsprostitution ist in Deutschland erst seit dem 15. Oktober 2016 im §232a StGB definiert. Zuvor war der Begriff Zwangsprostitution rechtlich nicht definiert. Es handelte sich um eine Wortschöpfung, die in der medialen und politischen Debatte benutzt wurde."

Hierzu muss allerdings gesagt werden, dass nur die allerwenigsten in der Sexarbeit tätigen unfreiwillig, also durch Zwang, arbeiten. Auch wenn die Prostitutionsgegner*innen davon sprechen,
dass Prostitution fast immer durch Zwang ausgeübt wird, fehlen zu dieser Behauptung belastbare Zahlen.

Im Gegenteil! 

„Nehmen wir doch einfach mal die Zahlen vom Bundeskriminalamt. Die Verdachtszahlen im Tatbestand „Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung“ sind seit fünfzehn Jahren stagnierend bis rückläufig.  Der BKA Lagebericht nennt für das Jahr 2015 364 abgeschlossene Ermittlungsverfahren. Diese Zahl liegt wiederum deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre und ist das dritte Jahr in Folge rückläufig. Die Anzahl an verurteilten Tätern und gerichtlich bestätigten Opfern ist  entsprechend noch geringer.  Das Verhältnis von Tätern zu Opfern liegt bei etwa eins zu eins. Rechnet man die komplette „Rotlichtkriminalität“, also „Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung“, „Ausbeutung von Prostituierten“ und „Zuhälterei“ zusammen, kommt man auf derzeit 100 rechtskräftige Verurteilungen pro Jahr. Diese Zahlen fallen ständig. Im Jahr 2013 waren es 94 gerichtlich bestätigte Täter. Im ganzen Land. Dunkelzifferstudien existieren nicht, wären schwer durchführbar und sind nach Aussagen der Bundesregierung auch nicht geplant. Spekulationen über das „tatsächliche Ausmaß“ sind also genau das: Mutmaßungen.
Laut der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen von 2013 hielt die damalige Bundesregierung das „Gefährdungspotential für begrenzt“. Das Landeskriminalamt NRW schreibt im Lagebericht 2012 sogar ausdrücklich: „Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes auf die Situation von Menschenhandelsopfern nicht erkennbar.“
Aber spielen wir doch mal ein Zahlenexperiment durch: Nehmen wir an, die Dunkelziffer der „Rotlichtdelikte“ läge in derselben Größenordnung wie die bei sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Verbrechen, die so angst- und schambehaftet sind, dass trotz ihrer Schwere außergewöhnlich viel Betroffene nicht zur Polizei gehen. Hier wird davon ausgegangen, dass nur fünf Prozent der Fälle aufgeklärt werden. Auf die oben genannten 100 Verurteilungen kämen dann also 2000 tatsächliche Tathergänge.
Nehmen wir weiterhin an, dass von den geschätzten 64 000 bis 400 000 Sexdienstleistern in Deutschland irgendeine Anzahl in der Mitte stimmen könnte – bessere Zahlen haben wir nicht -, nehmen wir also 200 000 für eine einfache Rechnung. 2000 Betroffene von „Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung“, „Ausbeutung von Prostituierten“ und „Zuhälterei“ ergibt unter 200 000 Sexworkern einen Anteil von einem Prozent. Ein. Prozent.
Selbst wenn diese Rechnung von Annahmen ausgeht – sie ist plausibel genug, um eine Größenordnung abschätzen zu können. Und diese Größenordnung sieht doch ein wenig anders aus als die gebetsmühlenartig wiederholten „90 Prozent Zwangsprostituierten.“

(Quelle: „Mein Huren Manifest“ - von Undine de Riviere, Domina in Hamburg, Mitbegründerin des Berufsverbandes Sexarbeit (BesD) und erste Pressesprecherin)


Zu Zwangsprostitution und Menschenhandel noch eines.

Zwangsprostitution ist gar keine Prostitution. Ebenso verhält es sich mit Menschenhandel. Es sind Straftaten, die nichts mit Prostitution zu tun haben. Prostitution erfolgt grundsätzlich immer aus freiem Willen heraus. Und da ist es dann für die Definition auch erst einmal nebensächlich, warum jemand in die Prostitution geht, solange sie/er es aus freiem Willen heraus tut. Wenn sie/er auf Grund ihrer/seiner wirtschaftlichen oder finanziellen Verhältnisse sich entschließt, durch Prostitution ihr/sein Geld zu verdienen, ist das zu respektieren. Sie/Er tut es grundsätzlich erst mal aus freiem Willen heraus. Sie/Er kann sich aus freiem Willen heraus ja auch dagegen entscheiden, wie es wohl viele andere tun würden. Natürlich sind wir alle gezwungen Geld zu verdienen, um unseren Lebensunterhalt zu bestreiten. Das aber ist in allen Berufen so und wäre ein anderes Thema.

Fazit - wenn wir über Sexarbeit und Prositution reden, sollte es nicht mit Zwangsprostitution und Menschenhandel verwechselt oder gleichgesetzt werden. Es hat NICHTS miteinander zu tun!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Beliebteste Posts